
Kopieren ist eine Kulturtechnik. Viele Lernprozesse des Menschen laufen durch Nachahmung ab – der Spracherwerb funktioniert beispielsweise durch Imitieren der Mund- und Zungenbewegungen; der Jazzmusiker verbessert seine Improvisation, indem er bekannte Solos raushört und sich aneignet, Sampling bildet die Basis für eine weitreichende Referenzkultur des Hiphop.
Hier geht es um die Zugänglichmachung von Wissen durch Nachahmung und Kopie. Aber es gibt auch noch eine andere Dimension: Das Urheberrecht schützt nun den Urheber und sein Werk, sodass es nicht einfach so von anderen genutzt und vervielfältigt werden kann. Das fußt auf einem aufklärerischen Gedanken, der den Menschen erstmals als Schöpfer anerkennt. Diese unterschiedlichen Ansätze lassen sich gut an den beiden Begriffen „Urheberrecht“ (kontinentaleuropäisch) und „Copyright“ (anglo-amerikanisch) ablesen. Das eine Recht schützt den Urheber — das andere erlaubt das Kopieren, die Verwendung. Im Urheberrecht ist die erlaubte Kopie als Ausnahmeregelungen z. B.: für Zitate, redaktionelle Beiträge oder Wissenschaft und Lehre geregelt.
In diesem Artikel möchten wir anhand der GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) und der noch nicht zugelassenen C3S (Cultural Commons Collecting Society) zeigen, was Verwertungsgesellschaften sind und inwiefern sie die Interessen von Kulturschaffenden, besonders im Bereich der Musik, vertreten.
Wie steht es aktuell um das Urheberrecht in Deutschland?
Für die Verwertung der Musikrechte hält die GEMA derzeit das Monopol in Deutschland. Das ist insofern toll, als man sich als Komponist nicht um viel kümmern muss: Man registriert sich bei der GEMA, schreibt ein Stück und dieses wird von anderen genutzt. Die GEMA wiederum registriert diese Nutzung, zieht dafür Gebühren ein und verteilt sie u. a. an den Urheber des Werkes. Damit sie das tun kann, überträgt der Urheber ihr die entsprechenden Nutzungsrechte, sodass sie die Nutzungslizenzen treuhänderisch im Auftrag des Urhebers erteilen kann. Die Werke werden unter der „all rights reserved“-Lizenz maximal gewinnbringend verwertet – eine Wahl treffen zwischen verschiedenen Verwertungsgesellschaften oder Lizenzierungsmodellen muss, bzw. kann man nicht.
Wird das Stück veröffentlicht und ein Hit, dann entsteht eine Reihe von wahrscheinlichen Nutzungsszenarien: als Hintergrundmusik für TV-Sendungen und Werbung, als Teil des Repertoires von Coverbands; als Nummer in Radio und Club. Man denke nur an die Omnipräsenz des Songs „Happy“ von Pharrell Williams. In diesen Fällen kann man von einer kommerziellen Nutzung des Werkes sprechen. Wenn die Verwerter das Werk aus wirtschaftlichem Interesse nutzen, ist es naheliegend, dass sie dem Urheber dafür eine Lizenzgebühr zahlen. Der Urheber müsste nun aufwendig für jeden Einzelfall Lizenzverträge aushandeln und zudem unrechtmäßige Nutzungen des Werkes bemerken – daher haben sich Urheber zu Verwertungsgesell-schaften zusammengeschlossen, die im Auftrag der Rechteinhaber und über ein einheitliches Lizenzmodell eine breite Nutzung ermöglichen, überwachen, sowie die Gelder einziehen und an ihre Mitglieder verteilen.
Johanna Breuckmann hat im Studiengang „Angewandte Medien: Musikmanagement und -produktion“ an der Hochschule Mittweida studiert und ihre Bachelorarbeit über Verwertungsgesellschaften geschrieben. Genauer: über die Entstehung der Cultural Commons Collecting Society (kurz C3S), einer ernsthaften Alternative zum bestehenden GEMA-Modell, und darüber, wie diese als Graswurzel-Projekt konzeptionelle Lücken der GEMA ausfüllen möchte.
Monopolstellung der GEMA
Als Verein darf die GEMA keine Gewinne erwirtschaften, sie verbrauchte 2013 aber allein zur Selbstverwaltung rund 15% der Erträge (siehe Grafik der bpb), also ca. 120 Millionen Euro. Sie ist in Deutschland die derzeit einzige Verwertungsgesellschaft für Musik-Urheber und vertritt Komponisten, Textautoren und Musikverleger.

Wer sich von der GEMA vertreten lassen möchte, geht derzeit einen Vertrag (Berechtigungsvertrag) mit einer Kündigungsfrist von 3 Jahren ein, bei dem er alle entsprechenden Rechte, die er innehat, oder die ihm noch zufallen (z. B. durch weitere Kompositionen) exklusiv an die GEMA abtritt, die als Treuhänderin, aber nach ihren eigenen Regeln verfährt.
Das Urheberrecht selbst ist in Deutschland ein unveräußerliches Recht. Wer Urheber eines Werkes ist, wird immer Urheber seines Werkes bleiben. Die aus dem Urheberrecht resultierenden Rechte (z. B. Nutzungsrechte) können jedoch veräußert werden.
Fun fact: Auch der Urheber selbst muss künftig an die GEMA zahlen, wenn er seine eigenen Werke nutzt, z. B. beim Verkauf eigener CDs oder als Demo auf der eigenen Webseite.
Da die GEMA derzeit die einzige Verwertungsgesellschaft für Musikurheber in Deutschland ist, gilt die (juristische) Vermutung, dass jeder Künstler auch von ihr vertreten wird – von wem auch sonst – und das unabhängig vom tatsächlichen Vertragsverhältnis des Künstlers zur GEMA. Welche Folgen die sogenannte „GEMA-Vermutung“ in der Praxis hat, erklärt Meik Michalke, geschäftsführender Direktor der C3S:
Zentrales Entscheidungs-Organ der GEMA ist die Mitgliederversammlung. Sie besteht aus den ordentlichen Mitgliedern sowie 64 Delegierten, die die außerordentlichen und angeschlossenen Mitglieder vertreten sollen und entscheidet beispielsweise über Änderungen des Verteilungsplanes oder des Berechtigungsvertrages.
Auf ihrer Webseite wirbt die GEMA mit den weitreichenden Gestaltungsmöglichkeiten durch ihre Mitglieder. Dabei ist der Begriff „Mitglied“ verwirrend, denn wer sich von der GEMA vertreten lässt, ist noch kein vollwertiges Mitglied, sondern erstmal „angeschlossenes Mitglied“ und damit weder Mitglied im Sinne des Vereinsrechts, noch Teil der Mitgliederversammlung. Eine ordentliche Mitgliedschaft ist an finanzielle und zeitliche Voraussetzungen geknüpft, die nur etwa 5% der „Mitglieder“ erfüllen.
„Mir als Urheber soll nicht meine Verwertungsgesellschaft vorschreiben, unter welchen Lizenz-Bedingungen ich eins meiner Werke veröffentlichen will“, so Meik Michalke.
Aufgrund einer EU-Richtlinie gibt es auch bei der GEMA eine neue Entwicklung: auf Antrag und im Einzelfall wird seit zwei Jahren eine NK-Lizenz (Nicht-Kommerziell) vergeben. Die Mitgliederversammlung beschließt darüber. Mehr dazu unter:
Was möchte die C3S anders machen?
Über die Entstehung der C3S, ihre Ziele und darüber, was sie anders machen möchte, berichten uns Meik Michalke und Julian Tillmann, die beiden geschäftsführenden Direktoren:
CC-Lizenzen – Lizenzierung nach dem Baukastenprinzip
Lizenzen sind komplizierte Rechtsverträge. Damit der Einzelne, der die Nutzung seines Werkes für bestimmte Verwendungen erlauben möchte, leichter klarstellen kann, unter welchen Bedingungen er dies tut, gibt es das Lizenzmodell der Creative Commons. Baukastenartig kann man die folgenden Attribute kombinieren: Namensnennung (BY), nicht-kommerzielle Verwendung (NC), Derivate müssen unter der gleichen Lizenz veröffentlicht werden (SA) oder Derivate sind nicht erlaubt (ND).
Die obenstehende Grafik von der bpb (Bundeszentrale für politische Bildung) steht unter der CC-Lizenz „BY-NC-ND“, das heißt, die Quelle muss genannt werden (BY), die Lizenz erlaubt nur eine nicht-kommerzielle Nutzung (NC) und es sind keine Derivate erlaubt (ND), sie muss also unverändert bleiben. Solange wir uns an diese Regeln halten, können wir diese Grafik also ohne weitere Rücksprache mit dem Inhaber der Rechte in unseren Blogbeitrag einbinden.
Die CC-Lizenzen werden häufig mit der Bewegung für freie Software in Verbindung gebracht. Der liberale Geist der CC-Lizenzen schließt jedoch eine gleichzeitige Lizenzierung für eine kommerzielle Nutzung des Werkes nicht aus. Sie sind also weniger Ersatz, als vielmehr eine Ergänzung zu anderen Lizenzmodellen und beanspruchen keine Exklusivität. Prominente Anwendung finden CC-Lizenzen beispielsweise beim MIT (Massachusetts Institute of Technology), das unter dem Namen „OpenCourseWare“ Vorlesungsmitschnitte unter der CC-Lizenz „BY-NC-SA“ veröffentlicht.
Hinter den Icons und vereinfachten Bezeichnungen stehen letztendlich die oben erwähnten komplizierten Rechtsverträge, die man bei einer Nutzung des Werkes tatsächlich eingeht. Das CC-Lizenz-Modell enthält im Wesentlichen die folgenden Ebenen: Tatsächlicher juristischer Lizenzvertrag — leicht verständliche Beschreibung der Lizenz — Icons und Kürzel.
Von Julia Fischer und Nicolas Arnold
© für das Foto: Cultural Commons Collecting Society SCE mit beschränkter Haftung (C3S SCE), Rochusstr. 44, 40479 Düsseldorf
