Hat uns richtig gut gefallen – Kurzfilmtage Oberhausen: Tag 3

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Nach einer längeren Nacht mit DJ Eric D. Clark begann unser letzter Festivaltag und wir hofften auf einen spannenden letzten Block. Wir wurden nicht enttäuscht, der Deutsche Wettbewerb war deutlich stärker als der am Vortag und stand unter dem Motto: Migration, Toleranz und Interkulturalität.

12:30 Uhr – Deutscher Wettbewerb 3

ziyaret (Aykan Safoglu) 
Eine Dokumentation über das Leben, den Tod und das Vergessen. Umgesetzt als Diashow aus eingescannten Polaroid-Fotos, begleitet von einem Voiceover. Ein schwer zu greifendes Thema – visuell interessant, leider etwas zu lang.

Brand (Jan Köster/Alexander Lahl)
Ein Interview mit der Familie eines Bürgermeisters, der sich dafür eingesetzt hat, 40 Flüchtlinge in seiner Stadt aufzunehmen, bebildert mit kunstvoll animierten Zeichnungen. Man spürt regelrecht den Hass seiner Mitbürger, der ihm entgegenschlägt und die Angst, die sich in seiner Familie breit macht. Visuell und erzählerisch absolut einnehmend – der beste Beitrag in diesem Block.

Stilluntitled – Way of listening (Yuyen Lin-Woywod)
Eine chinesisch-deutsche Dolmetscherin erzählt von ihrem Leben zwischen den Sprachen, was vor allem im besonderen Voice-Over zum Ausdruck kommt. Dazu sieht man merkwürdige Found-Footage-Collagen. Lustig und verrückt.

ma nouvelle vie européenne (Abou Bakar Sidibé, Moritz Siebert)
Ein Essay-Film über das Leben in der Isolation einer deutschen Flüchtlingsunterkunft,  erzählt aus der Perspektive des Geflüchteten Abou. Mit einfachsten filmischen Mitteln erstellt, fesselt dieser Beitrag die vollen 22 Minuten und regt zum Nachdenken an, was vor allem der authentischen Hauptfigur zu verdanken ist.

Bloody Marys – Song of the South Seas (Ming Wong)
Surreales Glitch-Fest, basierend auf der Filmumsetzung des Rogers-&-Hammerstein-Musicals „South Pacific“. Viel Aufwand für einen fünfeinhalbminütigen WTF-Moment.

STAR Volume 2 (Mikolaj Sobczak)
Transsexuelle Drag-Queens aus Polen singen, tanzen und philosophieren zwischen Dino-Skeletten über die Krise der Männlichkeit und über die Notwendigkeit einer zweiten „Street Transvestite Action Revolution“. Dazu sieht man Bilder von Neo-Nazi-Aufmärschen und Hooligans. Sehr seltsame Mischung mit einnehmender Wirkung. Unverständlich und traurig, dass so ein Film in Polen indiziert wird.

17:33 Uhr – Zurück nach Mannheim – Und wie hat’s uns gefallen?

Auf der Fahrt zurück gelingt es uns, den Junggesellen und Schalke-Fans aus dem Weg zu gehen und wir lassen die aufregenden letzten Tage noch mal Revue passieren. Was ist nun hängen geblieben? Die Kurzfilmtage Oberhausen sind bestimmt kein typisches Hochglanz-Filmfestival – trotz internationaler Bedeutung kein Blitzlichtgewitter, kein roter Teppich oder Stargehype, alles wirkt auf dem Boden geblieben. Die Besucher: eine Sammlung von Individualisten, (Pseudo-)Intellektuellen und Hipstern, die sich mit Zigarette im Mund angeregt vor dem Lichtpalast unterhalten.
Und das alles auch noch in einer Stadt wie Oberhausen, der Ruhrpott-Perle mit ihrem verlassenen Industriecharme, die eine Menge zu dieser besonderen Gesamtatmosphäre des Festivals beiträgt.

 

 

 

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